…lernt Hans nimmermehr (62. Webmontag im Rückblick)

Moderator des 62. Webmontags: Jan Eggers

Die Rolle des Schulmeisters ist Jan Eggers auf dem Leib geschrieben: er moderierte den 62. Webmontag mit dem Thema „Was Hänschen nicht lernt…“ abwechselnd à la Meister Lämpel oder als Waldorfschullehrer. Seine „Schulklasse“ war zunächst ein wenig lahm, das änderte sich schnell.

fragender Zuschauer beim Wmfra 62 - Was Hänschen nicht lernt...
Viele meldeten sich nach den Vorträgen zu Wort – ganz ohne Druck.

Schwätzen, ähh twittern, war ausdrücklich erwünscht. Da drängt sich die Frage auf: bedeutet schwätzige Geschäftigkeit auf Twitter, dass der Unterricht langweilig oder spannend ist?

Die vier Beiträge drehten sich um die Ausstrahlung des digitalen Netzes aufs Bildungssystem. Was genau passiert denn da?

Hänschen darf abgucken

Der erste Vortrag kam dann auch gleich mit ziemlich gewöhnungsbedürftigen Ideen daher: „Lernen durch kollaborative Schreibprogramme“. Ungeheuerlich, was Dennis Fassing da dem Bildungssystem zumutet. Wenn die Schüler gemeinsam einen Text erstellen, müssen dann auch gemeinschaftliche Bewertungen her, sind die denn gerecht? Und ist es nicht schöner, einen eigenen Text zu haben? Nun, die Wissenschaft belegt, dass durch gemeinsames Schreiben die Schüler quasi lernen ohne es zu merken. Denn merke: Schreiben kann krampfhaft sein. Da stimmen wir vorbehaltlos zu.

Dennis Fassing_auf der Bühne des WMFRA 62 "Kollaboratives Schreiben"
Indem mehrere zusammen an einem Text arbeiten, lernen die Autoren durch die anderen und ganz ohne Frontalunterricht Schreiben. „Jeder weiß immer ein bisschen was“, sagt Dennis aus Erfahrung.

Gemeinsames Schreiben ermöglicht einen unheimlichen Wissenszuwachs. Und wer sich darauf einlässt und sich darin übt, wird merken, dass die Texte viel schneller entstehen. Zu den Voraussetzungen gehört, dass Fehler erlaubt sind.

Hänschen lernt Denken

„Es gibt nicht so viele Atome im Universum, wie es Stellungen im Schach gibt“. Klaus Rössler bricht eine Lanze für einen Sport, der vom Innenministerium zum Sport ernannt wurde, weil dadurch Fördermittel fließen. Das war der Moment, in dem ein verblüfftes Raunen durch die Brotfabrikklasse ging.

In einer Welt, in der das Faktenwissen immer nur zwei bis drei Klicks entfernt ist, wird (Nach)Denken können zum  Wettbewerbsvorteil, deshalb das Plädoyer „Schach als Fach“ in den Grundschulen anzubieten. Gerne auch die elektronische Variante für Kinder „Fritz & Fertig„. Das Schachspiel für Kinder ab 8 Jahren ist mehrfach ausgezeichnet worden.

Mit Schach wird die geistige Entwicklung gefördert, eigenes Denken und Konzentrationsfähigkeit. Das macht Lehrer und Eltern hellhörig. Und vielen Kindern gefällt das auch. Und mit Schach lernen sie einen Sport, der Kulturen verbindet, weil er weltweit bekannt ist.

Klaus Rössler auf der Bühne des WMFRA 62 "Schach als Fach"
Mit dem elektronischen Schachspiel wird den Kindern also mehr als Medienkompetenz vermittelt. Schade nur, dass das Interesse ab der Pubertät stark daran abnimmt. Warum eigentlich?

Hänschen erspielt Wissen

Die Kinder dort abholen, wo viele den meisten Spaß haben: an der Spielekonsole. Rund 70% unserer Kinder zocken. Wunderbar denken findige Pädagogen und nutzen das. Und sie haben selbst Spaß dabei. Ganz offensichtlich geht es Angelika Beranek so. Zumindest strahlt sie das aus.

So wie am Anfang eines Spiels. Sie wissen, was sie tun müssen und was sie für ihre Anstrengungen erhalten. Wie weit sie gekommen sind, zeigt ihnen die Fortschrittsanzeige. Das motiviert auch die sonst eher „unlustigen“ Schüler.

Gamification im Bildungsumfeld ist, wenn Wissensinhalte spielerisch vermittelt werden. Das klingt vielversprechend. Na dann los. Wie lautet die Aufgabe oder besser: was ist der Quest?

Angelika Beranek auf der Bühne des WMFRA 62 "Gamification im Bildungsumfeld"
Wenn ich das Zimmer aufräume, komme ich ins nächste Level – das ist doch mal eine zeitgemäße Belohnung. Kindern fehlt das – eine klare Ansage wo sie stehen.

Eine Grillparty soll organisiert werden. Bereit stehen Tofu, Wasser und Grillkohle. Weitere Zutaten können sich die Kinder erspielen: Aufgabe lösen = Bonus. Bonus = Ketchup, Würstchen, Soft Drinks, Steaks. Zu knacken war beispielsweise „Welcher Ketchup hat den wenigsten Zucker“. Automatisch beschäftigen sich die Kinder dann nicht nur mit der Aufgabe, sondern machen sich weiterführende Gedanken. Zumindest war das in Angelikas Gruppe so.

Und siehe da: Die Kinder erarbeiteten sich gemeinsam ihre Grillparty, fühlten sich herausgefordert, belohnt und lernten was.

Hänschen ist digital und analog zugleich…

…und er muss das unterscheiden lernen. Unsere Kinder werden mit Tablets, Smartphones und Laptops groß und wenden deren Prinzipien automatisch auch auf die analoge Welt an. „Lineares Fernsehen“ versteht meine Tochter nicht“, sagt Jan Eggers. Die Sendung mit der Maus muss doch jederzeit abrufbar sein.

Klar ist, dass den Kindern der Zugang zur digitalen Welt offen stehen muss. Spätestens in der Schule wird der soziale Druck in den Klassen groß – inzwischen fängt das sogar schon im Kindergarten an. Durch What’s App entstehen beispielsweise ganz neue Gruppenerlebnisse.

„Inzwischen sind die Kinder häufig schon in der 4. Klasse flächendeckend mit Smartphones ausgerüstet“, sagt Roland Judas. „Wollen, tun sie es noch viel früher – schon aber der 2. oder 3. Klasse“. Ab der 5. ist das ein Muss. Ein Tipp: schenk deinem Kind das Smartphone in den Großen Ferien. Dann ist es fit, wenn die Schule anfängt.

Jan Eggers und Roland Judas auf der WMFRA-Bühne am 62. Webmontag
Hänschen braucht Hans, der ihn begleitet dabei. Hans kann Mutter, Onkel, Erzieher, Lehrerin oder sonstwer sein.

Blauäugig ist, wer glaubt, eine Firewall hält die Kids auf. Die knacken die Kids ganz schnell – eine Frage in die What’s App-Gruppe reicht häufig. In der Tat: kein einziger Webmontags-Besucher hat eine Filtersoftware zuhause installiert.

Da hilft nur eins: die Medienkompetenz muss erworben werden. Die Kinder müssen begleitet werden: aufklären, informieren und auf Folgen hinweisen, so fasste das eine „Schülerin“ aus dem Publikum zusammen.

Hänschen tweet einmal…

Lust dem Geschwätz in der Brotfabrik zu lauschen? Die Tweets findet Ihr unter dem #wmfra. Folgt uns, twittert mit, macht Retweets! Danke hier einmal ganz ausdrücklich an unsere kreativste Schwätzerin; den Photostroller – Nicole Lücking sammelt Tweets und bebildert die Vorträge in ihrem Storifies. Klickt rein!

Bilder: Clemens Riemenschneider. Mehr davon auf flickr.

Videos: Sebastian Greiner. Mehr davon auf Vimeo.

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